„Können wir nicht einfach loslegen?“ Projekte umsetzen mit Kanban for Classroom.

„Sie müssen mich wohl unbedingt quälen!“ ruft die Schülerin, wedelt theatralisch mit den Händen und verdreht die Augen.

Ich habe gerade verlangt, dass ihr Projekt erst geplant werden muss, bevor sie die ersten Arbeitsschritte unternehmen.

„Du wirst mir irgendwann dankbar sein! Z.B. wenn du mal studierst. Oder eine große Reise planst … oder in einer Agentur arbeitest …“ antworte ich, ganz Lehrerin.

Nicht für die Schule, für das Leben … !

Dezember ist eine schwierige Zeit in der Schule. Die letzten Arbeiten werden geschrieben und dann sind immer noch ein paar Stunden übrig vor Weihnachten. Aber da fängt man doch nichts Neues an? Man könnte diese Stunden jetzt mit Arbeitsblättern, Wiederholungen, Übungen im Buch oder Film gucken verbringen. Oder man nutzt die Zeit und lässt die Klasse ein größeres Projekt umsetzen.

Das Ziel heißt: Projektmanagement lernen

Ich schlage also eine Aufgabe vor, für die sie 8 Unterrichtsstunden Zeit haben. Zu dritt soll ein Video erstellt werden, zu einem beliebigen Weihnachtsthema, und das auf Englisch. Aber sie dürfen eben nicht einfach loslegen – zur Aufgabe gehört, ein KanbanBoard dafür zu nutzen.

Sie müssen sich also einen Projektstrukturplan überlegen, ihn in einzelne Tasks gliedern und sich überlegen, wieviel Zeit sie für welche Aufgabe zur Verfügung haben. Und das ist schwerer, als es erst mal klingt.

Die Ideen sind gut …

Für die Ideenfindung nehmen sich die Teams eine Stunde Zeit. Sie diskutieren, recherchieren, überlegen und verwerfen. Am Ende der ersten Einheit steht ein grundsätzlicher Plan. Ein Weihnachts-Karaoke-Comedy-Video, ein Erklärvideo über Weihnachten in Kanada und eine Sockpuppet-Version von „Twas The Night Before Christmas“.

…aber auf die Umsetzung kommt es an.

Und plötzlich sind alle Tasks auf PostIts geschrieben und auf die KanbanBoards geklebt. Ein Aha-Moment: Obwohl wir sonst mit einem gemeinsamen TeamBoard arbeiten, verstehen die SchülerInnen sofort, wie die klassische Variante – To Do : Doing : Done – funktioniert. Die ersten Tasks wandern nach Doing und dann nach Done … während die Grundlagen für die jeweiligen Videos erarbeitet werden.

Die Lehrerin chillt solange!

… oder so ähnlich. Während sich die Teams nach kleinen Startschwierigkeiten in die Arbeit stürzen, gibt es für mich eigentlich nicht so viel zu tun. Ich behalte sie natürlich unauffällig im Auge, bemühe mich aber, mich nicht zu sehr einzumischen. Auch gut! So habe ich genügend Zeit, mich um andere Dinge zu kümmern. Klassenbucheinträge, mündliche Noten nachtragen … es ist für uns alle entspannt.

Und was lernen die Kinder nun dabei?

Wie rechtfertige ich diese 8 Unterrichtsstunden eigentlich? Welche Kompetenzen werden erworben oder gefestigt? Kann ich die Klasse wirklich einfach mal machen lassen?

Ich finde: Ja. Sie lernen,

  • eine umfangreiche Aufgabe zu planen, zu überwachen und durchzuführen,
  • als Team verschiedene Teilbereiche einer Aufgabe zu erledigen,
  • sich mit unbekannten Texten aus dem 19. Jhd auseinanderzusetzen ,
  • Informationen selbständig zu recherchieren und in ein eigenes Skript zu integrieren,
  • mit den vorhandenen Mitteln (eigenen Smartphones) ein Video aufzunehmen und zu bearbeiten,
  • sich Feedback und Hilfe zu holen, wo nötig,
  • ihre Aussprache bei der Aufnahme zu verbessern,
  • bei der Gelegenheit jede Menge neue Vokabeln …

Und am Ende haben sie auch noch etwas geschaffen, worauf sie stolz sind. Die Vorführung zur Weihnachtsfeier ist schon fest eingeplant 🙂

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