Meine Schüler sind schlapp. Es ist 8 Uhr morgens, es ist noch nicht richtig hell draußen, es ist kalt. Da sitzen sie und gucken wenig erwartungsvoll, als ich reinkomme. Was, Englisch? In der ersten Stunde?
Um diese müden Geister wach zu kriegen, gibt es sicher viele Methoden. Manche KollegInnen fangen einfach an, andere reißen erst mal das Fenster auf, wieder andere stellen eine Einstiegsfrage.
Ich versammle meine müde Klasse zum StandUp vor dem Kanban TeamBoard.
„Was habt ihr letztes Mal gemacht?“ „Was macht ihr heute?“
Eigentlich stelle ich nur diese beiden Fragen.
Jedes Team rekapituliert kurz, was in der letzten Stunde oder letzten Woche so los war. Dann erzählen sie, was sie heute vorhaben. Vielleicht sagen sie, dass sie dazu noch Material brauchen, oder generell Hilfe gebrauchen könnten. Vielleicht berichten sie aber auch, wo sie Schwierigkeiten hatten und heute noch mal von mir Feedback brauchen.
„Reicht die Zeit?“
Wenn ich merke, ein Team hat wichtige Inhalte bisher ausgelassen und die Zeit bis zum Ende des Sprints wird knapp, dann greife ich auch einmal ein. Ich schlage vor, welche Aufgaben auf jeden Fall noch beachtet werden sollten. Zeitmanagement ist etwas, das man auch erst mal lernen muss.
„Und jetzt stellen wir uns alle mal richtig hin!“
… ist ein Satz, den meine SchülerInnen schon auswendig kennen. Etwas widerwillig richten sie sich dann aber doch auf, sortieren sich in ihre Teams, rücken von Tischen oder Wänden ab. Wir stehen in einer lockeren Runde vor dem Board, möglichst so, dass alle etwas sehen können.
Wenn ein Team spricht, hören die anderen zu. Auch das üben wir natürlich permanent. Ist ja auch schwierig, mal ein paar Minuten nichts zu sagen – aber wir arbeiten dran. Jedes Team wird angehört, jedes Team bekommt die Gelegenheit, zu erzählen.
„Man kann über alles reden …“
… nur nicht über 10 Minuten, wie es so schön heißt. Das gilt natürlich erst recht für das StandUp. Wir versuchen, alles so knapp wie möglich und sinnvoll abzuhandeln. Das betrifft auch mich, als die Lehrerin: Auch ich neige gerne mal dazu, die geballte Aufmerksamkeit meiner Teams zu kleinen Vorträgen zu nutzen. Aber das ist nicht Sinn der Sache. Wir nutzen also häufig einen Timer und beschränken das StandUp auf eine kurze und schnelle Runde.
„Dann mal los!“
Sobald wir mit der Runde durch sind und alle wissen, womit sie gleich loslegen, beende ich die Runde. Jetzt sind alle wach. Wir haben einen konzentrierten, sinnvollen Stundenbeginn hingelegt – die nächste Stunde arbeiten alle fleißig an ihren Aufgaben und sind stolz, wenn sie weitere Punkte auf das Kanban TeamBoard kleben können.
Ohne StandUp fehlt uns was
In meiner Erfahrung gehört das StandUp zu den Elementen von Kanban for Classroom, die nicht verzichtbar sind. Ohne StandUp fehlt die soziale Kontrolle (wer steht schon gern vorne und hat nichts zu erzählen?), ohne StandUp kommen wir nicht richtig ins Arbeiten hinein. Im StandUp lernen die SchülerInnen, in der großen Runde kurze und sinnvolle Beiträge zu bringen.
Und jeder, der schon mal ein bei einem Meeting war, weiß, wie wichtig diese Kompetenz im echten Leben ist 🙂
Übrigens: Bei großen Klassen oder aufeinanderfolgenden Unterrichtstagen reicht es vollkommen, das StandUp nur zum Wochenbeginn durchzuführen.